Die Fahrt geht weiter
Heute ist außer der bevorstehenden Fährüberfahrt von Værøy nach Moskenes nicht viel geplant. Die Zeit drängt, und mein Van muss bereits mit begrenztem Strom jonglieren. Die Standheizung funktioniert super, läuft im Betrieb allerdings nicht vollkommen ohne Strom. In der kühlen Arktis ist sie während der gesamten Nacht eingeschaltet und zusätzlich benötige ich noch Strom für meine elektrischen Geräte wir Laptop, Smartphone, Drohne, Gimbal etc. Meine Boardbatterie wird nun langsam aber sicher leer.
Moskenes, das Ziel meiner nächtlichen Überfahrt, erweist sich als weniger einladend als erwartet. Der Campingplatz am Fährhafen hat im Oktober bereits seine Tore geschlossen. Vor mir liegt die Wahl: Durch die Lofoten durchzurasen ohne die wunderschöne Landschaft zu bestaunen oder ein Wagnis einzugehen und möglicherweise eine eisige Nacht zu verbringen. Eine Nacht, in der die Kälte trotz des gemäßigten Klimas auf diesen Inseln alles andere als gastfreundlich sein kann.
Es ist eine knifflige Entscheidung, denn ohne Strom muss ich Prioritäten setzen. Ich entscheide mich dafür, nun auf Værøy keinen Strom mehr zu verbrauchen, schalte die Standheizung aus und ziehe mir eine dicke Jacke an. Nachdem die Sonne untergeht, setze ich mich in das beheizte Wartehaus der Fähre und lade dort meine elektrischen Geräte auf.
Im Wartehaus treffe ich unerwartet auf einige faszinierende Seelen. Ein litauischer Fischer erzählt mir von seinen 17 Jahren auf Værøy, während er seine Biere schneller trinkt, als ich „Skål!“ sagen kann. Später gesellt sich eine französische Familie zu uns, welche die Wanderwege erkundet hat, die ich am Vortag erlebt hatte. Der Sohn, ein Student in Bodø, hat sie überredet, diese Reise zu unternehmen, nicht zuletzt wegen der kostenlosen Fährüberfahrt nach Værøy.
Wieder auf dem Schiff
Um 21:30 Uhr verlässt die Fähre nach Bodø den Hafen und kurze Zeit später läuft auch meine Fähre nach Moskenes ein. Wie sich herausstellt hat auch Emma* denselben Weg wie ich und nimmt die Fähre nach Moskenes. Wie sich herausstellt, kamen wir mit derselben Fähre nach Værøy. Anders als ich, hat sie „nur“ ein Mietauto und schläft daher in Ferienwohnungen und Hostels. Auf der Fähre suchen wir gemeinsam nach Nordlichtern, die aber aufgrund der hellen Lichter des Boots nur mit viel Mühe und vielleicht sogar ein wenig Phantasie zu erkennen sind.
In der Schlange nach Moskenes steht mein Auto als erstes in der – nicht besonders langen – Schlange. Ich stelle fest, dass ich aufgrund meiner frühzeitigen Ankunft am Hafen, nicht wirklich reservieren hätte müssen. Allerdings kam ich nicht so früh, um der erste am Schiff zu sein, ich wollte im Warmen sitzen ohne dabei den ohnehin bereits sehr knappen Boardstrom zu verbrauchen. Die verbleibenden 100 Ampere sind zwar noch relativ viel und würden nach dem bisherigen Verbrauch für fünf weitere Nächte reichen, doch weiß ich nicht genau, wann die Spannungsgrenze der Standheizung erreicht ist, bei der sie sich ausschaltet.
Sonst ist es am Schiff wie immer, die Einheimischen trinken trotz der späten Uhrzeit Kaffee und nachdem uns am Außendeck kalt geworden war, setzten uns Emma und ich in einen gemütlichen Sessel. Die Überfahrt zu den Lofoten dauert nur eine Stunde. Irgendwie wünsche ich mir heute, dass die Überfahrt länger dauern würde, dann könnte ich noch längere Zeit im Warmen verbringen, ohne mein Stromnetz im Van zu strapazieren.
Warum verbraucht meine Standheizung Strom?
Die merkwürdige Tatsache, dass meine Dieselstandheizung Strom verbraucht, erschließt sich mir erst allmählich: Damit die Heizung Wärme produzieren kann, benötigt sie Diesel und der wird von einer kleinen Pumpe besorgt, welche Strom benötigt um zu funktionieren. Ein Ampere pro Stunde mag auf dem Papier vernachlässigbar klingen, aber aufgrund der begrenzten Kapazität der Bordbatterie fühlt es sich plötzlich bedeutsam an.
*Der Name wurde natürlich geändert.