Am nächsten Tag wache ich auf und entscheide mich, erneut den Globus zu besuchen. Die kostbare Zeit an diesem Ort allein verbringen zu dürfen, muss man wirklich ausnutzen. Doch das Wetter hat sich vollkommen verändert. Stark bewölkt und leicht schneiend. Die Frage, ob ich die Schneeketten anlegen sollte, beschäftigt mich seit der Nacht. Ich teste die Straße, um die Eisigkeit zu prüfen, und anfangs scheint der Grip gar nicht so schlecht zu sein. Kurz darauf jedoch gerate ich auf eine glatte Fläche und mir wird bewusst, dass es unverantwortlich wäre, ohne Ketten weiterzufahren.

Ketten – zumindest für den Kopf ein Mehrwert

Das Thermometer zeigt zwar nur -3,5 Grad an, aber aufgrund des Windes und der hohen Luftfeuchtigkeit fühlt es sich deutlich kälter an. Trotzdem muss ich meine dicken Fäustlinge ausziehen, um die Ketten zu montieren. Da wird mir klar, dass ich beim Trockenüben das richtige Anlegen der Ketten vernachlässigt habe. Meine Finger frieren und ich habe immer noch keine genaue Vorstellung davon, wie die Ketten korrekt zu montieren sind. Endlich schaffe ich es, die erste Kette am Reifen zu befestigen, und finde dann auch eine Strategie für den zweiten Reifen. Meine Finger fühlen sich mittlerweile an wie Eiszapfen, die von meinen Händen abstehen.

Warten auf den Konvoi

Angesichts der schlechten Sicht beschließe ich, auf den offiziellen Konvoi zu warten, der das Nordkap verlassen wird. Da dieser jedoch erst um 13 Uhr abfährt, bleibt mir nichts anderes übrig, als zu warten. Zum Glück gibt es noch ein paar Fotos zu bearbeiten und andere Aufgaben zu erledigen. Die Chancen, dass ich bei dieser Reise die Wanderung zum eigentlichen Nordkap, dem Knivskjellodden, antreten kann, sinken aufgrund der Wetterlage beträchtlich. Auch die Aussichten für die kommenden Tage verbessern sich nur geringfügig, sind aber noch immer nicht ideal. Da meine Standheizung auf einer hohen Stufe läuft, wird auch der Strom und der Diesel allmählich knapp. Und ach ja, das Wäsche waschen sollte ich auch nicht länger aufschieben. Mein vorrangiges Ziel ist daher, vom Nordkap wegzukommen und dann mein weiteres Vorgehen zu planen.

Während des Wartens auf den Konvoi sehe ich mir die Webcam-Aufnahmen der letzten Nacht an und stelle fest, dass um 3:45 Uhr Nordlichter sichtbar waren. Mein Van hat also erneut Nordlichter gesehen, die ich verpasst habe.

Um 11:45 Uhr sehe ich den Konvoi, der um 11:00 Uhr zum Nordkap hätte hochfahren sollen, immer noch nicht und entscheide mich daher, selbst loszufahren. Ich muss davon ausgehen, dass der Konvoi nur fährt, wenn die Schranke geschlossen ist. Der Nebel hat sich etwas gelichtet, und ich bin zuversichtlich, dass ich sicher fahren kann, besonders da ich die Schneeketten montiert habe.

Während der Fahrt bemerke ich, dass die Schneeketten vermutlich übertrieben waren, da die Straße in einem relativ guten Zustand ist. Inmitten der Straße, möchte ich sie nicht abmontieren. Also fahre ich annähernd mit Schrittgeschwindigkeit und den Schneeketten weiter. Schließlich sind es nur noch 6 Kilometer bis zum Parkplatz, von dem aus die Tour zum „echten“ Nordkap, das sich weitere 1,4 Kilometer nördlich befindet, beginnt.

Eine schöne Wanderung – allerdings nicht dieses Mal

Dort angekommen sehe ich Spuren von Fußabdrücken auf dem Wanderweg. Offensichtlich hat jemand diese Wanderung unternommen und es scheint trotz des Wetters möglich zu sein. Allerdings folge ich dem Pfad ohne entsprechende Wanderausrüstung und bleibe stets bereit umzukehren. Nach etwa einem Kilometer erreiche ich einen Punkt, von dem aus ich das Meer sehen kann. Auf der Karte erkenne ich jedoch, dass entlang des Weges einige Teiche und Seen liegen. Da ich alleine und ohne Möglichkeit, um Hilfe zu rufen, bin, erscheint mir diese Wanderung – die ich eigentlich morgen hätte unternehmen wollen – zu riskant. Ich kehre aus diesem Grund zum Auto zurück. Mein neuer Plan ist es, noch eine Nacht am Nordkap zu bleiben und hoffentlich dort die Nordlichter zu sehen. Morgen nach dem Frühstück werde ich das Nordkap verlassen und in Richtung Inarisee fahren. Falls es mir gelingt, die geplante Strecke zu bewältigen, sollte ich auf einem Campingplatz Strom und Wasser auffüllen und dort auch duschen können. Außerdem verfügt dieser Campingplatz über eine Waschmaschine, sodass ich endlich meine Wäsche waschen kann.

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